Das Comeback der Schamhaare
Der Busch ist zurück – und nicht alle finden das toll!
Neu auf maxima.at: Betrachtungen über absurde Beauty-Trends und waghalsige Am-eigenen-Körper-Experimente von Redakteurin Janina Lebiszczak. Diesmal: Schamhaare als Reizthema.
Es passierte in Ibiza in der wunderschönen Cala Comte. Ein Hippiestrand, an dem man im Sunset Ashram der untergehenden Sonne zuklatschen kann. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Hippies und Hipstern, es gibt tatsächlich Menschen, die huldigen der Sonne und dem Meer völlig textilfrei. Apropos verschwimmen: Der neue Freund meiner BFF wollte ein wenig Eindruck schinden, indem er ein paar kräftige Längen ins offene Meere kraulte, während wir im seichten Wasser auf ihn warteten. Und dann passierte es: Er knallte unter Wasser blindlings gegen eine schöne Hippie-Braut. Nach seiner Entschuldigung kam er zu uns zurückgekrault und berichtete mit schreckgeweiteten Augen, was da unter Wasser geschehen war: Er hatte sie unabsichtlich berührt – ja, da unten. Und – oh Schreck: Da waren Haare, viele Haare. Ich nahm die restlichen Badegäste unter die Lupe: Ganz klar: Der Busch ist zurück – zumindest auf der Freigeister-Insel Ibiza.
Die Vagina wird optimiert
Über das Comeback der Schambehaarung ist schon sehr viel geschrieben worden. Fast möchte man meinen, die Menschheit sei von der Vagina besessen: Es wird gezupft, gewachst, poliert, epiliert, rasiert und gesugart. Aber damit nicht genug: Der Optimierungswahn hat unseren Intimbereich erreicht. Er wird verjüngt, er wird verkleinert und begradigt, er wird mit glitzernden Gels, Parfum und Highlightern optimiert, er wird gebleacht und mit Eigenblut aufgefrischt. Ich frage mich: Geht’s noch? Ist das die Kardashianisierung der Vulva? Die wenigsten Frauen bekommen einen vaginalen Orgasmus, leider – aber Hauptsache möglichst perfekt soll das Werkzeug sein. Look, don’t feel quasi. Da stellt es mir alle Haare auf – und ich meine alle.
Wachsende Begeisterung
Deswegen zurück zum Busch: Mir ist schon klar, warum viele Männer mit einer ordentlichen Schambehaarung nichts anfangen können. Sie reagieren bekanntlich vor allem auf optische Reize: Sie wollen möglichst viel sehen. Und dann wäre da noch das gesellschaftliche und völlig absurde Streben nach ewiger Jugend. Ein haarlose Muschi verspricht saftige Jugend, weil Kinder nun mal keine Schamhaare haben. Zu guter Letzt versetzt noch die Hipness der Pornografie dem Busch den Todesstoß. Die meisten Darstellerinnern glänzen mit babyrosa (manche färben sogar mit Ostereier-Farbe die Pussy pink!), fein epilierter Haut im Schritt. So muss das dann wohl aussehen. Die Vagina als Kunst-Objekt.
Es lebe der Dschungel!
Warum aber sehe ich immer mehr Frauen mit Haar in der Hose? Sogar Celebs wie Cameron Diaz, Emma Watson und Gwyneth Paltrow bekennen sich zu ihrer Schambehaarung. Model Amber Rose stellte sogar ein Foto von ihrem Busch online und meinte: „Als Frauen haben wir immer das Gefühl, uns dauernd rasieren oder waxen zu müssen – und wenn wir das nicht tun, dann werden wir als unhygienisch oder hässlich bezeichnet. Ich glaube, dass das natürlich ist und wir uns deswegen nicht schämen sollten!“ Lady Gaga präsentierte den Ihren blaugefärbt in einem Magazin, die britische Komikerin Caitlin Moran schrieb sogar einen Aufruf zu mehr Haarigkeit: „Ihr nennt es Brazilian Waxing. Ich ziehe es vor, die Sache beim Namen zu nennen: eine teure, entsetzlich pflegeintensive, Juckreiz auslösende Methode, sich eine charakterlose Kindermuschi zuzulegen. Kahlschlag wie bei Pornostars? Liebe Frauen: Wir werden dafür doch nicht bezahlt!“
Meine Haare, meine Entscheidung
Nun, das hier ist eine Beauty-Kolumne, und ich sollte euch zum Schluss noch verraten, wie meine eigene Meinung zum Thema lautet. Ich habe vor ein, zwei Jahren damit aufgehört, jedes einzelne Haar aus meinem Schritt zu rupfen, als hinge mein Leben davon ab. Was aus dem Bikinihöschen quillt, wird gerodet, der Rest darf bleiben, wenn auch in der Länge reduziert. Dazu verwende ich eine ganz simple Trimm-Schere. Shocking, isn’t it? Bevor sich jetzt jemand auf die Tatstatur ergibt: Es sind nur Haare.
Es wäre schön, wenn wir wieder den direkten Zusammenhang verstehen lernen. Eine Muschi ist zum Vergnügen da, zum Kinderkriegen und im erweiterten Sinn auch zum Pinkeln. Einmal im Monat blutet sie sogar. So ist das halt – und daran wird sich hoffentlich nie etwas ändern. Schamhaare sind nicht eklig, sie sind einfach bloß Schamhaare. Und die gibt es schon länger, als es Pornostars und Waxing-Salons geben wird.