30. August 2017 von maxima Redaktion

Der maxima green Talk

Nachhaltigkeit für Generationen

Wie haben sich Produkte des täglichen Gebrauchs in den letzten Jahren verändert – vor allem, wenn es um Nachhaltigkeit geht? Unterscheiden sich die Generationen in ihren Bedürfnissen? Wohin wird die Reise gehen? Vier, die tagtäglich mit diesen Fragen konfrontiert sind, haben ihre Erfahrungsschatztruhe für uns geöffnet.

Der Begriff Nachhaltigkeit mag stark strapaziert sein. Trotzdem – nein: gerade deswegen haben wir drei Managerinnen und einen Manager darum gebeten, ihre Erfahrungen zu diesem Thema mit uns zu teilen. Beim Talk im herrlich grünen Garten von magdas Hotel in Wien sind wir gemeinsam der Frage nachgegangen, wie sich Produkte und Lebensmittel in dieser Hinsicht verändert haben, wer den Anstoß zu diesen Veränderungen gibt und welche unterschiedlichen Bedürfnisse es bei Jung und Alt gibt – und ob es überhaupt Unterschiede gibt. Eines kam dabei immer wieder deutlich heraus: Von früheren Generationen zu lernen und den Blick auf die nachkommenden zu haben – das ist vielleicht Nachhaltigkeit in ihrer reinsten Form.

Nachhaltigkeit maxima green talk

Anna Starkl, CFO bei Zeiler Tomaten / www.tomaten.at

1. Ist Nachhaltigkeit zu so etwas wie einem reinen Verkaufsargument geworden?

Schlussendlich ist es die Qualität des Produktes, die zählt. Das heißt: Es kann noch so nachhaltig sein, wenn es nicht funktioniert oder nach nichts schmeckt, wird es niemand kaufen. Niemand wird sich ein Waschmittel kaufen, egal wie ökologisch es ist, wenn die Wäsche damit nicht sauber wird. Und es wird sich auch niemand  Gemüse kaufen, das nicht gut schmeckt, nur weil es ökologisch korrekt ist.

2. Wie wichtig ist den Kundinnen und Kunden der Aspekt der Regionalität?

Ich betrachte jetzt einmal unser Produkt, die Tomate: Wenn ich eine Tomate in einem Supermarkt kaufe, ist es erstens wichtig, dass sie gut schmeckt, und zweitens, wo sie herkommt – vielleicht auch umgekehrt. Diese zwei Kriterien lege ich als Maßstab an und wähle ein Produkt. Und dann geschieht etwas Sonderbares: Ich gehe ins nächste Regal und wähle ein Ketchup aus. Und es ist mir ganz egal, welches. Ich achte weder auf Regionalität noch auf Bio oder auf Nachhaltigkeit, weil mir hier rein der Geschmack wichtig ist. Und das ist auch nicht verboten, schlecht oder böse. Das Bewusstsein muss sich eben erst noch weiterentwickeln.

3. Auch bei den Produzenten?

Die Sache ist: Auch die ganzen Herstellungsprozesse sind noch nicht so weit. Das ist etwas, was sich in den letzten Jahren oder Jahrzehnten erst entwickelt hat. Vor 40 Jahren haben wir noch Tomaten ganz klassisch am Feld angebaut. Mittlerweile ist das eine Hightechproduktion, die fast schon an die Automobilindustrie herankommt; hochtechnisiert, um Ressourcen zu schonen, um den Wasserverbrauch so gering wie möglich zu halten, um den Boden nicht auszulaugen. Das muss sich für viele Produkte erst entwickeln. Und bei Ketchup ist es einfach noch zu teuer. Sämtliche Ketchup-Hersteller, denen wir gerne unseren Tomatenüberschuss abgeben würden, sagen: Es ist viel zu aufwändig, in Österreich diese Tomaten zu Tomatenmark zu verarbeiten. Wir importieren das, weil es billiger ist. Noch.

© Stefan Knittel

Gabriela Maria Straka, Leiterin der Nachhaltigkeit und Unternehmenskommunikation bei der Brau Union / www.brauunion.at

1. Sind junge Menschen sensibler für Nachhaltigkeitsthemen als ältere? Oder umgekehrt?

Ich habe hier nur eine Vermutung, keine Marktforschung: Für mein Gefühl merkt man bei den jungen Menschen eine höhere Sensibilität und Bewusstsein für Qualität. Vor allem wollen sie wissen: Woher kommt die Nahrung? Wie wird sie gemacht?

2. Dabei ist oft der Vergleich der Produkte die Schwierigkeit.

Der Schlüssel ist der Footprint jedes Produktes. Wenn ich wissen will, wie nachhaltig ein Produkt ist, muss ich mir anschauen, was die Herstellung, die Produktion, die Lieferung und die Lagerung an CO2-Ausstoß verursacht. Dazu gibt es eine Footprint-Berechnung. Das benötigt allerdings einiges an Knowhow, weil es zwar einen Nachhaltigkeitsbericht gibt, den man auch im Internet findet, in den man hineinschauen und vergleichen kann. Aber der Endkonsument ist damit vermutlich leicht überfordert.

3. Auch wenn es nicht jeder liest und vergleicht: Ist das Bewusstsein für CO2-Ausstoß generell gestiegen?

CO2 ist ein Begriff, den mittlerweile jeder Konsument kennt. Noch vor 5 Jahren hätte niemand gewagt, damit Werbung zu machen. Heute ist es jedem ein Begriff, auch in der Werbung – da sind wir schon sehr, sehr weit. Auch wir mit unseren Brauereien fokussieren auf CO2-Neutralität, weil diese ein Riesenfaktor ist. Brauereien sind zwar regional, wir verwenden eigenes Quellwasser. Aber: Es gibt eine große Logistik dahinter. Da ist CO2 ein wichtiger Faktor.

© Stefan Knittel

Bettina Fröhner, Vertriebsleiterin Österreich bei Procter & Gamble / www.de.pg.com

1. Wo beginnt Nachhaltigkeit?

Die einen sagen, mein Produkt ist super nachhaltig, die anderen sagen, meine ganze Wertschöpfungskette. Das ist immer die Frage, die wir uns auch als Konzern gestellt haben, Mit dem Ergebnis, dass wir einen Zero Waste Plan haben, 30 % weniger Wasser und 30 % erneuerbare Energiequellen weltweit in unseren Werken einsetzen.

2. Ist das für die Konsumentinnen und Konsumenten beim Kauf ein Argument?

Nur bedingt, bei unseren Produkten zumindest. Das ist aber kein Grund, es nicht zu machen. Ich denke einfach, als Bürger dieses Planeten sollten alle Konzerne ein Interesse daran haben, nachhaltig zu arbeiten. Diese Nachhaltigkeit beinhaltet alles; auch, dass man sich um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut kümmert, egal, ob die in Österreich oder in China im Werk arbeiten.

3. Sind jüngere oder ältere Menschen diesen Themen gegenüber aufgeschlossener?

Ich glaube nicht, dass es an einer Altersgruppe festzumachen ist. Ich glaube, es hat eher damit zu tun, wie qualitätsbewusst man ist. Ich denke, ganz wichtig ist bei Markenprodukten, dass sie ihr Qualitätsversprechen halten. Dazu kommt eben, dass das die Konzerne nicht davon entbindet, von den vielen Forschungsmilliarden einen Teil darin zu investieren, dass die Produkte immer effektiver und umweltverträglicher werden. Unsere Produkte sind nicht so natürliche Produkte wie Bier oder Gemüse – deshalb sind die Innovationen und Bemühungen in Richtung Nachhaltigkeit als Innovationsmotor zu sehen. Wenn ich sage: Ich will, dass die Windel nur noch halb so groß ist, weniger Zellstoff enthält und weniger Gewicht hat, muss ich mir wirklich überlegen, wie ich das bewerkstelligen kann. Denn die Mutter will ja trotzdem, dass da nachts nichts ausläuft.

© Stefan Knittel

Michael Wehofer, Vorstand für Vertrieb und Marketing, LGV Frischgemüse / www.lgv.at

1. Welche großen Trends gab es im Bereich Frischgemüse in den letzten Jahren bezüglich Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist ein Prozess und ständig im Wandel. Vor 25 Jahren waren es die Nützlinge, dann war es die grüne Energie zur Beheizung der Glashäuser, heuer ist es zum Beispiel eine E-Tankstelle auf unserem Firmengelände. Es sind die kurzen Wege zu unseren Gärtnern, es sind unsere 107 Genossenschaftsmitglieder: Gärtnereien, in denen teils drei Generationen zusammenarbeiten. Die Erfahrung und das Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird – das alles ist nachhaltig.

2. Ist es eine Frage der Altersgruppe, ob Nachhaltigkeit das wichtigste Kaufkriterium ist?

Unsere Konsumenten sind großteils etwa 35 und älter. Das hat damit zu tun, dass in dem Alter Familien gegründet werden und damit das Frischgemüse wieder mehr Bedeutung hat. Was wir merken: Junge Menschen haben ein stärkeres Bewusstsein für gesunde Ernährung. Regionalität ist außerdem ein großes Thema, neben Geschmack und Originalität: Raritätensorten kommen sehr gut an. Um hier neue Impulse zu bekommen, befragen wir gerne unsere älteren Gärtner: Was habt ihr vor 30 Jahren angebaut?

3. Was werden zukünftig die Anforderungen an Ihre Produktsparte sein?

Das Segment der alten Sorten und Spezialitäten wird weiterhin wichtig sein. Neue Formen, Geschmäcker anzubieten. Um herauszufinden, was unsere Konsumenten wünschen, sind die elektronischen Medien optimal. Wir treten wirklich in Interaktion und erfahren, welche Wünsche und Vorstellungen es gibt. Wer hätte vor 10 bis 15 Jahren gedacht, dass das möglich ist? Und es sind nicht nur die jungen Menschen, die online sind. Auch die Älteren sind zunehmend online aktiv.

© Kurt Kracher

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