15. März 2018 von Janina Lebiszczak

Vom Lippensauger zum Schlupflid-Tape:

Beauty-Fakes aus dem Internet unter der Lupe

Zu wenig Geld für den Beauty-Doc? Oder einfach bloß neugierig? Im Netz finden sich unzählige kleine Helfer, die unsere Makel vertuschen wollen. Aber was ist dran an den Beauty-Fakes?

Wir alle kennen die lustigen Anzeigen, die dir in die Timeline gespült werden oder als Ad aufblinken. Und auf die man einfach klicken muss: Sauger, die für volle Lippen sorgen sollen, Pflaster für große Augen und Wundercremen, die Tränensäcke verschwinden lassen. Aber was ist dran an den Beauty-Fakes aus dem Netz? Wir waren bei unserer Beauty-Spezialistin Dr. Doris vorstellig, die diesmal ihren Mann, den Chirurgen Viktor Grablowitz, an Bord geholt hat. Er verrät, welcher Eingriff durch die kleinen Helfer ersetzt werden soll.

Beauty-Fakes

Beauty-Fake Nr. 1: Schlupflidpflaster

Sie versprechen Soforthilfe gegen kleine Augen: sichelförmige Klebestreifen, die am Lid angebracht werden.

Viktor: Die ersten Schlupflidpflaster habe ich 1962 gesehen, getragen vom Pfarrer in Kirchenlandl. Er hatte derartig stark ausgeprägte Oberlider, dass sie für ihn eine Sehbehinderung darstellten. Er schnitt sich schmale Streifen aus Leukoplast aus, klebte diese über die Braue und zog sich so die Haut bis zur Stirne hinauf. Sichtbar.

Doris: Weniger sichtbar funktioniert es mit schmalen, bananenförmigen, durchsichtigen Klebepflastern, die knapp oberhalb des Liddeckels so geschickt gesetzt werden, dass man sie nicht sieht.

Viktor: Schneller und effizienter ist eine Lidkorrektur (Blepharoplastik), bei der das Zuviel an Haut weggeschnitten und der schlaffe Muskel gestrafft wird. Die OP dauert etwa eine Stunde und wird nur in lokaler Anästhesie durchgeführt.

Beauty-Fake Nr. 2: Plasmapen

Eine effektive Behandlung zur Lidstraffung to go: Kann nicht funktionieren, oder doch?

Doris: Plasmapen ist die nicht wirkende, billige Ausführung des starken Plasma-Jet-Gerätes, natürlich unter anderem Namen. Auch vom Plasma-Jet-Gerät gibt es mehrere Ausführungen. Die billigste für die Kosmetik kostet noch immer einige tausend Euro, die starke für die Medizin ist natürlich um vieles teurer und in der Wirkung viel effektiver. Ausschlaggebend ist die Kraft, mit der die kleinen blauen Blitze vom Gerät auf die Haut treffen. Das Gewebe zieht sich zusammen, was man „shrinking“ nennt, und wird durch Plasmahitze gestrafft. Man kann sich vorstellen, wie wirkungsvoll ein Plasmapen ist, der bei Amazon € 30,– kostet.

Viktor: Die Plasma-Jet-Behandlung wird immer beliebter, weil die Patienten ohne eine Operation glattere und etwas straffere Haut bekommen. Sowohl auf den Oberlidern als auch auf den Unterlidern. Pro Auge, pro Lid € 350,–.

 

Beauty-Fake Nr. 3: „Lift“-Tapes

Zurr! Mit dem wundersamen Klebeband soll man Hals- und Gesichtsfältchen ganz ohne Skalpell und dafür mit Sofortwirkung beseitigen können.

Doris: Ich kannte eine sehr berühmte Tänzerin, die mich noch im hohen Alter besuchte. Zuerst legte sie die Perücke ab, danach zog sie all ihre Pflaster und Tapes ab, mit denen sie ihre Haut nach oben oder hinten zog. Zwei waren an den Schläfen angeklebt, jeweils eines hinten am Hals. Danach zog sie die falschen Wimpern ab und schminkte sich ihr dickes Make-up ab. Mit 80 Jahren entschloss sie sich doch noch bei meinem Mann ein Facelift durchzuführen. Mit großem Erfolg. Sie bekam einen 64-jährigen amerikanischen Millionär zum Freund, der sie heiß verehrte. Fazit: Wer will, der kann kostengünstig kleben. Nebenwirkungen sind vor allem Unverträglichkeiten gegenüber dem Pflaster. Auch Hochsteckfrisuren sind nicht mehr möglich, da man das Pflaster und die zusammengequetschte Haut sehen würde.

Viktor: Effizienter ist ein kleines Halslift, das, nur unter lokaler Anästhesie durchgeführt, ca. 2 Stunden dauert und  7–10 Jahre hält. Der Patient kann sofort nach dem Eingriff mit einem Verband nachhause gehen.

 

Beauty-Fake Nr. 4: Lippensauger-Pumpe

Hat irgendwie etwas Anrüchiges: Die Vakuum-Lippen-Pumpe soll dir einen prallen Schmollmund herbeisaugen.

Doris: Kann nicht das, was es verspricht. Durch das Saugen wird die Lippe leicht verletzt, es entsteht ein kleines Ödem, das aber rasch wieder abklingt.

Viktor: Es gibt sogar Schlimmeres – Eingriffe, bei denen man Ballons unter die Haut setzt, die im Abstand von Wochen immer wieder so aufgeblasen werden, dass sich die Haut darüber immer mehr dehnt. Die Patienten müssen zwar wochenlang entstellt herumlaufen, das „Zuviel an Haut“, das dabei entsteht, kann man aber für Eingriffe verwenden, bei denen man Eigenhaut zur Abdecken von Hautdefekten braucht. Verständlich, dass diese Methode nur in speziellen Fällen verwendet wird.

 

 

Beauty-Fake Nr. 5: Oberarm-/Schenkel-/Bauch-Lifter

Aufkleber, die Cellulite verschwinden lassen sollen, die Schenkel straffen oder gar den Bauch – sie sind der Renner im Netz.

Doris: Mit ovalen, meist handtellergroßen, selbstklebenden durchsichtigen Platten kann man ähnlich wie bei den kleineren Pflastern ein Hautareal erfassen und nach oben kleben. Natürlich muss man die so geschickt platzieren, dass man sie durch verdeckende Kleidungsstücke nicht sieht.

Viktor: Eine operative Methode an den Oberarmen stellt das Oberarmlift in Tumeszenztechnik dar. Vorteil: dauerhafte schöne Lösung, Nachteil: Je nach Veranlagung bleibt eine mehr oder weniger zarte sichtbare Narbe, zumindest in den ersten Monaten. Etwas komplizierter ist die Bauchdeckenplastik, weil nicht nur die Haut verringert und nach oben gezogen werden muss, sondern auch das Nabelloch versetzt wird.

 

 

Beauty-Fake Nr. 6: Wundercremen

Man tupft sie drauf, und die Tränensäcke und Fältchen verschwinden im Nu. Manche versprechen sogar dauerhafte Wirkung und werben mit spektakulären Vorher-nachher-Fotos.

Doris: Es gibt tatsächlich Cremen, die für ein paar Stunden zarte Falten an bestimmten Stellen etwas glätten können. Ich habe sie selber in den USA gekauft. Die Haut fühlt sich kurz wie Beton an, weswegen man zusätzlich Feuchtigkeit über diese Cremen tupfen soll. Völlig unmöglich aber ist die Behauptung einer Firma, dass man mit einer bestimmten Creme in 14 Tagen einer Patientin mit Aussehen und Falten einer 70-jährigen Frau das gestraffte Aussehen und die Faltenlosigkeit einer 35-Jährigen bescheren kann. Wir kennen Werbung, die lustig blödelt, die niemand ernst nimmt. Wenn aber Behauptungen wie diese durch beschriebene Anwendungsbeobachtungen in Form einer wissenschaftlichen Arbeit mit Vorher-nachher-Bildern dargeboten werden, gibt es sicherlich Menschen, die daran glauben und die Cremen kaufen.

 

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