Haarverlängerung
Extensions: Das große Geschäft mit fremden Haaren
Extensions lassen den Traum einer langen Wallemähne innerhalb kürzester Zeit wahr werden. Doch wo stammen die Haare eigentlich her?
Extensions – der Traum von langen, dichten Haaren
Viele Frauen träumen von langen Haare. Manche weil sie ihren Kurzhaarschnitt bereuen, andere weil sie von Natur aus mit ganz wenig Haaren gesegnet sind. Neben der Haarverlängerung entscheiden sich viele auch für eine Haarverdichtung, bei der die eigentliche Haarlänge erhalten bleibt.
Die Anforderungen an die Haarverlängerung sind meist die gleichen: Billig und gut soll sie sein. Aber das lässt sich definitiv nicht vereinbaren, denn bei Extensions hat Qualität ihren Preis.
Bei Tape-in-Extensions dauert es oft nicht mal eine Stunde, bis aus einer Kurzhaarfrisur eine Löwenmähne gezaubert wird. Doch woher stammen die fremden Haare eigentlich, die man nach der Einarbeitung am Kopf mit sich trägt?
Was darf’s sein?
Bei Extensions findet man ganz unterschiedliche Haarqualitäten. Daher sollte man genau darauf achten, woher die Haare stammen, um schlechte Qualität zu vermeiden. Denn geschummelt wird hier, was das Zeug hält! Es gibt zahlreiche Unterscheidungen wie z. B. auch Russian oder Chinese Hair. Diese vier Haarqualitäten werden aber am häufigsten in Europa vertrieben.
Verschiedene Haarqualitäten
1. Synthetic Hair/Kunsthaar
Synthetisches Haar besteht beispielsweise aus Silikonfäden oder Acryl und wird mit einer Silikonschicht ummantelt, um den natürlichen Glanz nachzuahmen. Diese Kunsthaare sind gänzlich ungeeignet für Extensions, da sie von schlechter Qualität sind und sich nicht wie gewohnt stylen lassen. Behandelt man sie mit dem Glätteisen, so schmelzen sie einfach und verkleben miteinander.
2. Human Hair
Dieses Haar besteht zwar aus Echthaar, kann aber mitunter ein Gemisch aus Menschen- und Tierhaar sein. Um die Quantität zu erhöhen, arbeitet man bei Human Hair nicht nur Schnitthaar aus Friseursalons, sondern eben auch Tierhaare ein. Moment! Tierhaare? Ja, richtig gelesen. Auf vielen Homepages von Extensions-Händlern wird daher explizit darauf hingewiesen, dass sich keine Tierhaare in ihren Produkten befinden. Das Haar wird bei dieser Methode nicht direkt vom Schopf abgeschnitten bzw. abrasiert, sondern aus Bürsten und vom Boden aufgesammelt. Der Haar-„Abfall“ wird dann weiterverarbeitet und mit einer Silikonschicht versehen, um Verfilzungen zu vermeiden. Der Preis für Human Hair ist sehr niedrig, dafür ist die Haarqualität aber mangelhaft. Aus diesen Gründen ist Human Hair nicht für einen dauerhaften Gebrauch geeignet.
3. Remihaar/Remy Hair
Remihaar oder Remy Hair, das direkt vom Schopf abrasiert wird, stammt meist aus Indien. Indisches Haar ist der europäischen Haarstruktur recht ähnlich. Die Haare haben eine intakte Schuppenschicht und liegen in einer Wuchsrichtung, sprich, die Schuppenschicht zeigt immer in dieselbe Richtung. Deshalb verfilzt Remihaar auch nicht und hat einen natürlichen Glanz. Es lässt sich wie das Eigenhaar waschen, föhnen und mit dem Glätteisen bearbeiten. Remy Hair gehört zu den Extensions mit der besten Haarqualität und ist dementsprechend auch teurer.
4. Virgin Hair
Virgin Hair oder Virgin Remy Hair entspricht dem höchsten Qualitätsstandard und ist dementsprechend auch am teuersten. Es wird so schonend wie möglich verarbeitet: Das Haar darf zum Beispiel vorher weder geföhnt werden noch darf es in Kontakt mit Rauch geraten sein. Selbstverständlich ist hier die Schuppenschicht völlig intakt und das Haar muss einheitlich nach einer Wuchsrichtung ausgerichtet sein. Für ein Kilo feinstes Virgin-Haar zahlt man am Markt zwischen 600 und 1.000 Euro. Für den stolzen Preis darf man sich aber auch über eine Lebensdauer von bis zu drei Jahren freuen.
Ein schmutziges Geschäft?
Viele Extensions stammen von Haar-Spenderinnen aus Indien. Dort werden die Haare von Hindus in Tempeln geopfert. Frauen, Männer und Kinder opfern ihre Haare aus religiösen Gründen. Haare sind für Hindus die reinsten Körperteile, sie werden weder gefärbt noch durch Haarspray oder silikonhaltige Produkte beschädigt. Leider ähnelt das spirituelle Opferritual mittlerweile mehr einer Massenabfertigung. Die Gläubigen warten in endlos langen Schlangen in einer Reihe, bis ihre Nummer aufgerufen wird. Dann geht alles ganz schnell: Die Haare werden kurz nass gemacht und anschließend in Windeseile mit einem Rasiermesser entfernt, bis der Kopf kahlgeschoren ist.
In den hinteren Räumen der Tempel lagern Berge von dunklen Haaren. Die teure Ware muss vor Diebstahl gesichert werden, daher hängen an den Türen auch dicke Schlösser. In regelmäßigen Abständen holt ein Händler die gebündelten Haare ab. Diese müssen erst einmal chemisch behandelt werden, da sich noch Läuse, Insekten oder Schmutz im Haar befinden können. Die Hindus erhalten keinen Lohn für ihre Spende, viele von ihnen wissen nicht mal, dass ihre Opfergabe zu Geld gemacht wird.
Unter den Händlern befinden sich auch viele Betrüger. Sie sammeln altes und qualitativ schlechtes Haar. Es gibt sogar das Gerücht von sogenannten Skalp-Jägern, die den Frauen in den Slums ihre Haare rauben (sie schneiden sie einfach in Sekundenschnelle ab und laufen weg) oder zum Spottpreis abkaufen und dann an Händler weiterverkaufen.
Im weiteren Prozess wird das Echthaar chemisch geglättet und kommt in sogenannte Depigmentier-Bäder. Darin weicht man es fast zwei Wochen ein, bis es alle dunklen Pigmente verloren hat. Ist das Haar fertig geglättet und gefärbt, werden verschiedene Haarfarben gemischt, sodass ein natürlicheres Blond, Braun, Rot oder Schwarz entsteht. Näherinnen sorgen dafür, dass die Haare alle in eine Wuchsrichtung gebündelt werden, sonst wären sie unbrauchbar.
Indisches Haar ist so beliebt, da es von der Struktur her europäischem Haar stark ähnelt. Die Tempel liefern aber schon lange nicht mehr genug für die gigantische internationale Nachfrage an Echthaar. Deshalb wird auch immer mehr gepfuscht beim Geschäft mit den Haaren. Das Label „Ethically sourced“ garantiert, dass Frauen ihr Haar freiwillig gespendet oder verkauft haben.
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