Female Finance
So nimmst du deine Finanzen selbst in die Hand
Geld ist immer noch Macht. Das heißt, Unabhängigkeit und ein selbstbestimmtes Leben muss man sich erst mal leisten können. Umso wichtiger ist es, dass wir Frauen uns aktiv mit unserer Finanzsituation auseinandersetzen. Wie du das am besten angehst und was Gender-Pay-Gap, ETF etc. eigentlich bedeuten.
Starten wir gleich in medias res und mit einer besorgniserregenden Statistik: Frauen erhalten in Österreich etwa 39 Prozent weniger Pension als Männer. Und das bedeutet auch: Etwa 18 Prozent der Frauen über 65 Jahren sind akut armutsgefährdet. Höchste Zeit also, dass wir Frauen uns mit Zahlen, Zinssätzen & Co beschäftigen. Denn geht es um Macht und Freiheit, bleibt Geld nun mal eine wichtige Währung.
Raus aus der Spirale
Was Einkommensgerechtigkeit – Stichwort: Gender-Pay-Gap – oder auch unbezahlte Care-Arbeit betrifft, gibt es noch viel zu tun. Weil zum Beispiel 44 Prozent der Frauen nicht einmal nach einer Gehaltserhöhung fragen. Weil Frauen erst seit 1957 ein eigenes Bankkonto eröffnen können und vor 1975 ohne Einverständnis des Ehemannes gar nicht arbeiten durften. Eine repräsentative Studie des Forsa-Instituts kam noch im Vorjahr zu dem Ergebnis, dass Mädchen zwischen 4 und 13 Jahren um 11 Prozent weniger Taschengeld bekommen als gleichaltrige Buben. Wenig überraschend also, dass viele Frauen auch heute nicht in Frage stellen, wenn ihr Partner den Überblick über die gemeinsamen Finanzen hat. Die überwiegende Mehrheit der Frauen rutscht aus der Elternzeit in die Teilzeitbeschäftigung und damit direkt in die finanzielle Abhängigkeit.
Geld und Freiheit
„Ohne finanzielle Unabhängigkeit kann es keine Emanzipation geben“, sagt die Autorin Mirna Funk. Ihr neues Buch Who Cares! ist vor allem ein Aufruf. Ein Aufruf dazu, sich nicht länger hinter der Ungerechtigkeit des Systems zu verstecken. Dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, das System mitzugestalten, Verantwortung zu übernehmen. Funk schreibt: „Ihr solltet begreifen, dass Geld frei macht und Freiheit glücklich. Dass eure Partner niemals Altersvorsorge sein können und auch nicht sein dürfen. Denn freiheitliche Entscheidungen für das eigene Leben können niemals in Abhängigkeit getroffen werden.“ Und weiter: „Finanzielle Abhängigkeit führt immer auch in eine emotionale und mentale Abhängigkeit, weil Geld ein absolut elementarer Grundpfeiler unseres Lebens ist.“
Wie gehen wir es an?
Die Finanzmathematikerin und ehemalige Aktienhändlerin Larissa Kravitz berät mit ihrem Unternehmen Investorella gezielt Frauen in Geldangelegenheiten. Ihr geht es vor allem darum, Frauen dazu zu ermutigen, selbst zu investieren, sich mit Aktien, Fonds & Co auseinanderzusetzen und Männern in Gelddingen nicht automatisch die Deutungshoheit zu überlassen: „Das Wichtigste ist, sich mit dem Risiko auseinanderzusetzen und es nicht zu verdrängen. Ich treffe immer wieder Frauen, die sich nicht trauen, das Thema anzugehen. Es ist oft emotional schmerzhaft, über das Altern nachzudenken oder darüber, dass die Beziehung vielleicht nicht ewig halten wird, auch wenn das statistisch gesehen nicht unwahrscheinlich ist.“ Bleibt aber noch die Frage nach dem Wie: Wie gehe ich es an? Wie sorge ich konkret vor? „Die erste Frage, die man sich stellen sollte, ist, wo man im Alter wohnen wird. Um ein Finanzpolster oder ein Vermögen aufzubauen, ist es enorm wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, wie man sein Einkommen maximieren kann und welcher Konsum wirklich nötig bzw. unnötig ist. Das Geld, das man beim Konsum einspart, sollte man dann langfristig investieren, um im Alter ein Zusatzeinkommen zu haben“, sagt Kravitz.
Wissen aneignen
ETFs, Fonds oder Bitcoins – der Finanzmarkt ist keine geheime Wissenschaft, das nötige Knowhow kann man sich aneignen. Und: Man muss nicht viel Geld haben, um zu investieren. Kravitz: „Auch mit kleinen Summen lässt sich auf lange Sicht ein Vermögen aufbauen, weil der Zinseszinseffekt greift. Außerdem ist es wichtig, sich die Gewohnheit zuzulegen, jeden Monat etwas für die Zukunft zur Seite zu legen.“ Also am besten damit starten, sich mal einen Überblick über die momentane Finanzsituation zu verschaffen. Welche Einnahmen stehen zur Verfügung, welche Ausgaben sind zu tätigen und ist es möglich, diesen Standard allein zu halten? Und dann gibt’s ja mittlerweile auch jede Menge Bücher und Podcasts zu dem Thema.
Sowie unser Glossar zu den wichtigsten Begriffen in diesem Zusammenhang:
Glossar
1. Gender-Pay-Gap
Der Gender-Pay-Gap beschreibt die Einkommensungerechtigkeit zwischen Frauen und Männern und wird im Zuge des Einkommensberichts der Statistik Austria jährlich ermittelt. Österreich zählt dabei zu den EU-Ländern mit dem größten Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern, zuletzt lag dieser bei 18,9 Prozent. Umgerechnet sind das 46 Arbeitstage, die Frauen kostenlos arbeiten.
2. Care-Arbeit
Bezeichnet Tätigkeiten der Fürsorge und des Pflegens (darunter fällt etwa Kinderbetreuung, die Pflege von Angehörigen, aber auch Hausarbeit). Durch den Begriff soll diese Arbeit, die meist von Frauen und in der Regel vor allem unbezahlt geleistet wird, sichtbar gemacht werden.
3. Altersarmut
Als armutsgefährdet gelten in Österreich Menschen, die über weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens (mittleres Einkommen) verfügen. Zuletzt wurde die Schwelle bei 26.555 Euro pro Jahr festgelegt, das entspricht 1.328 Euro für einen Einpersonenhaushalt. 11 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen im Alter über 65 sind hierzulande von Armut betroffen.
4. Aktien & Fonds
Aktien sind Anteile an Unternehmen, Aktienfonds bündeln mehrere solche Anteile, entsprechen also einer Art Portfolio. Darüber hinaus gibt es noch Rentenfonds (dabei wird meist in Staatsanleihen investiert), Immobilienfonds und Mischfonds.
5. ETF
Die Abkürzung steht für Exchange-Traded Fund und bedeutet börsengehandelter Fonds. ETFs sind also eine spezielle Variante der Investmentfonds, die vor allem einen Vorteil haben: Sie kosten viel weniger. Darüber hinaus gelten ETFs als sicherer und lassen sich leichter wieder verkaufen. Sie bieten einen guten Einstieg ins Investieren.