Beliebtes Mittel beim Benching: Textnachrichten, mit denen man den anderen hinhalten kann.
28. September 2016 von Mareike Steger

Benching: Liebe in der Warteschleife

Du hast eine neue Flamme, weißt aber noch nicht, ob daraus etwas Ernstes wird? Aber bis dahin hältst du sie dir warm? Dann betreibst du Benching! Wieso eigentlich?

Warum Benching im Trend ist

Sich nicht festlegen wollen. Vielleicht ist das gerade ein Generationending. Denn Tinder & Co laden ja regelrecht dazu ein, sich nicht nur mit einem Menschen zu daten. Was auch nicht verwerflich ist, bloß: Wenn dann irgendwann das Benching ins Spiel kommt, wird es blöd. Für den, der auf die Wartebank gesetzt wird …

„Manche glauben, über den Vergleich kommen sie zur perfekten Beziehung“, sagt Katharina Hinsch, Psychologin, systemische Psychotherapeutin und Klinische Sexologin in Wien. „Sie glauben, wählerisch sein zu dürfen.“ Auch Psychologin Doris Jeloucan bestätigt: „Wer andere hinhält, meint, er habe es verdient, so glücklich wie möglich zu sein.

Der ultimative Kick jedenfalls, das Verliebtsein, das den anderen mit Haut und Haaren will – jetzt! sofort! ständig! –, kann so gar nicht aufkommen. Das ist dann Benching: Die neue Flamme wird hingehalten. Mit vielen netten Textnachrichten im Flirtmodus, vielleicht auch mit weiteren Verabredungen oder zumindest der Aussicht auf ein Treffen. Hauptsache, man gibt sich nicht allzu verbindlich.

benching

Das Wichtigste übers Benching

1. Warum macht jemand das?

Wärum hält man den potenziellen Liebespartner auf Abstand? „Dadurch lässt man sich durch den anderen aufwerten“, sagt Paartherapeutin Jeloucan. „Grundsätzlich ist das in jeder Partnerschaft so. Doch mit einer echten Bindung kommen ja viele Ängste und Fragen ins Spiel, also stillt ein Bencher sein Bedürfnis nach Nähe durch diese Warmhaltebeziehungen.“ Für die Expertin meist ein Zeichen einer Bindungsangst – „das sind aktiv bindungsängstliche Menschen“.

2. Warum spielt der andere da mit?

Psychologin Jeloucan ist überzeugt: Jeder dieser aktiv Bindungsängstlichen sucht sich einen passiv Bindungsängstlichen. „Das sind Menschen, die oft als heillose Romantiker gelten, Liebe über alles stellen – aber immer wieder zufällig auf den Falschen treffen. Die Fernbeziehungen führen oder sich in Vergebene verlieben.“ Denn Partner, die wirklich erreichbar wären, sind uninteressant. „Das schützt davor, mit seinen eigenen Ängsten in Kontakt zu treten, etwa der Angst davor, unzulänglich zu sein.“

3. Wie sieht man, dass man ein Benching-Opfer ist?

„Das zu erkennen ist schwierig“, gibt  Jeloucan zu bedenken. Erst wenn Erwartungen wieder und wieder enttäuscht werden, könnte es dem anderen langsam dämmern, dass da etwas faul ist. Nur: Wahrscheinlich ist der Verliebtheitslevel da schon längst hoch. Auch, weil der Bencher in den flirty WhatsApp-Nachrichten stets neue Hoffnung auf mehr schürt.

4. Was tun mit einem, der mich auf die Wartebank schiebt?

Passiv bindungsängstliche Menschen glauben oft, aus dem lonesome wolf müsse sich doch ein Haushund machen lassen … „Doch dem anderen ein Ultimatum stellen, um ihn an sich zu binden, funktioniert nur vorübergehend“, sagt die Expertin. „Dafür liegen den Bindungsängsten zu starke Muster zugrunde. In meinen Beziehungsworkshops habe ich immer wieder Fälle – meist sind es Frauen –, die sich der Liebe des anderen nicht sicher sind. Erst wenn ein Kind unterwegs war oder der andere nichts Besseres mehr finden konnte, kam die Verbindlichkeit.“

 

Doch wer will schon solch eine Liebeskarriere?! Besser: So schnell wie möglich den Schlussstrich ziehen! Und den Kontakt des Benchers aus dem Adressbuch löschen, damit er einem nicht wieder das Herz erweichen kann. Am wichtigsten aber ist, sagt Jeloucan: „Daran zu glauben, dass jeder sein Liebesschicksal in die Hand nehmen kann. Wir schauen uns in den Singleworkshops den Filter an, durch den man sich unbewusst seine Partner wählt. Ist das Muster erst einmal erkannt, lässt sich ein ‚Wachstumsplan‘ erstellen, um beziehungsfähiger zu werden.“ Damit man nie mehr auf der Wartebank der Liebe harren muss.

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