Die „Glucose Goddess“ Jessie Inchauspé zeigt mit einfachen Ernährungstipps und Alltagstricks, wie man den Blutzuckerspiegel stabil halten kann und sich Müdigkeit sowie Heißhunger vermeiden lassen.
Würde es einen Award für den beeindruckendsten Gesundheitsaccount des letzten Jahres auf Instagram geben, hätte sie ihn sicher gewonnen: Die französische Biochemikerin Jessie Inchauspé, bekannt als „Glucose Goddess“, klärt ihre Community über die Auswirkungen von Glukosespitzen auf und hat dabei ihr Buch „Der Glukose-Trick“ erfolgreich promotet – ein Werk, das inzwischen in 40 Sprachen übersetzt wurde. Während ihre Tipps in der Ernährungswissenschaft längst bekannt sind, dürften ihre 5 Millionen Follower:innen weniger darüber gewusst haben, wie stark ein schwankender Blutzuckerspiegel unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden beeinflusst.
Welche Auswirkungen haben Glukosespitzen?
Glukosespitzen, auch Glukosegipfel genannt, sind die hohen Schwankungen, die unser Blutzuckerspiegel im Laufe mancher Tage durchläuft. Nach dem Verzehr von kurzkettigen Kohlenhydraten wie Zucker steigt der Blutzuckerspiegel rapide an – im Englischen spricht man auch von einem „Glucose Spike“. Ein starkes Auf und Ab dieser Kurven bleibt definitiv nicht ohne Auswirkungen.
- Bei einem Abfall des Blutzuckerspiegels fühlen wir uns müde, unkonzentriert und antriebslos.
- Wir möchten so schnell wie möglich für Nachschub sorgen – Heißhungerattacken können die Folge sein.
- Unsere Energie steigt beim Verzehr von zuckerhaltigen Lebensmitteln wieder ruckartig an.
- Auch der Schlaf kann durch die Glukosespitzen beeinträchtigt werden.
- Unsere Stimmung ist manchmal ebenfalls betroffen.
- Starke Glukosespitzen und ungesunde Ernährung können zu gesundheitlichen Komplikationen führen.
- Im schlimmsten Fall zu Typ-2-Diabetes und Herzerkrankungen.
Blutzuckerkurven sind grundsätzlich ganz normal. Durch gezielte Ernährung, Bewegung und eine bewusste Auswahl der Lebensmittel lässt sich jedoch steuern, wie stark die Werte ansteigen und wieder abfallen. Viele kennen das vielleicht: Nach einem kohlenhydratreichen Mittagessen folgt oft der klassische Müdigkeitseinbruch am Nachmittag. Um dem entgegenzuwirken, greift man schnell in die Naschlade, was zunächst einen kurzen Energieschub bringt. Doch bald braucht es Kaffee und noch mehr Süßigkeiten, um den Tag bis zum Feierabend zu überstehen. Oft beginnt dieser Kreislauf aber auch schon beim Frühstück: Ein Marmeladebrot oder Haferbrei mit Banane können für den ersten Glukosegipfel am Morgen sorgen.

Kohlenhydrate unterscheiden
Kohlenhydrate werden oft verteufelt, dabei sind sie lebensnotwendig für uns. Unser Körper benötigt Glukose, da sie uns mit Energie versorgt und uns aktiv hält. Wichtig ist, zwischen kurzkettigen Kohlenhydraten wie Zucker oder Weißmehl und langkettigen Kohlenhydraten zu unterscheiden. Zu den langkettigen Kohlenhydraten gehören etwa Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, stärkehaltiges Gemüse und Samen. Kurzkettige Kohlenhydrate liefern uns schnell Energie, da die Glukose sofort in die Zellen gelangt. Bei langkettigen Kohlenhydraten dauern die Verdauung und der Abbau der Glukose wesentlich länger. Ein Stück Vollkornbrot versorgt uns daher kontinuierlicher mit Energie als ein Stück Schokolade.
Blutzuckerspiegel konstant halten: Ernährung für stabilen Blutzuckerspiegel
Jessie Inchauspé hat nicht nur zahlreiche wissenschaftliche Studien zur Ernährung und den Auswirkungen von Lebensmitteln auf den Blutzuckerspiegel geprüft, sondern über einen längeren Zeitraum auch ihren eigenen Blutzucker überwacht, um ihre Hypothesen zu testen. Dabei hat die Biochemikerin einige wertvolle Tipps entwickelt, die dabei helfen, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten und Glukosegipfel zu vermeiden.
Reihenfolge beachten: Ballaststoffe und Proteine für konstanten Blutzuckerspiegel
Die Bestsellerautorin gibt zu, dass auch sie hin und wieder ein Stück Schokoladentorte genießt. Allerdings ist der Zeitpunkt entscheidend, wenn es um den Blutzuckerspiegel geht. Sie empfiehlt, Desserts immer unmittelbar nach einer Hauptmahlzeit zu essen. Wenn Zucker auf einen leeren Magen trifft, ist die Glukosespitze vorprogrammiert.
Ein guter Start für eine blutzuckerfreundliche Mahlzeit könnte ein Salat sein: Der Essig im Dressing sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel langsamer ansteigt. Alternativ lässt sich auch ein Schluck Essig in Wasser aufgelöst trinken, um einen ähnlichen Effekt zu erzielen.
Die Ballaststoffe in Obst und Gemüse tragen dazu bei, den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Sie bilden eine Art Schutzmantel im Magen, der verhindert, dass die Glukose zu schnell aufgenommen wird. Deshalb führt der Verzehr einer Dattel oder Banane zu einem langsameren Anstieg des Blutzuckerspiegels als der Genuss eines Donuts.
Ebenso wichtig ist die Zufuhr von Proteinen bei jeder Mahlzeit. Sie helfen ebenfalls, Glukosespitzen zu vermeiden, da sie den Anstieg des Blutzuckerspiegels verzögern und für eine länger anhaltende Energiezufuhr sorgen.
Die „Glucose Goddess“ empfiehlt also folgende Reihenfolge:
- Salat mit Essig und Ballaststoffe wie Gemüse zuerst essen
- Danach Fokus auf Proteine – zum Beispiel Fleisch, Fisch, Ei, Tofu, Hülsenfrüchte
- Am Ende die Kohlenhydrate verzehren – zum Beispiel Pasta, Reis, Kartoffeln
- Dessert direkt nach einer Mahlzeit
Dass es nicht bei jeder Mahlzeit möglich ist, den Blutzuckerspiegel perfekt zu regulieren, ist der Biochemikerin durchaus bewusst. Das Dessert sollte jedoch immer auf eine „Unterlage“ treffen. Die klassische Kombination aus Kaffee und Kuchen mit mehreren Stunden Abstand zum Mittagessen kann Jessie Inchauspé zufolge, basierend auf ihrer eigenen Erfahrung und den Ergebnissen zahlreicher Studien, nicht empfohlen werden.
Weitere Tipps zur Blutzuckerregulation
Zum Frühstück empfiehlt die Expertin, den Fokus auf Proteine zu legen. Für Menschen, die mit den Nährwerten von Lebensmitteln nicht so vertraut sind, kann es hilfreich sein, sich auf ein herzhaftes Frühstück zu konzentrieren. Eier, Reste vom Abendessen oder proteinreiche Aufstriche auf Vollkornbrot sind Beispiele für ein pikantes, eiweißhaltiges Frühstück. Wer gerne Porridge isst, könnte den Haferbrei mit Nüssen und griechischem Joghurt toppen – beides enthält viel Protein.
Früchte sollten laut der Expertin immer im Ganzen gegessen werden, da die Ballaststoffe so erhalten bleiben. Auch bei Obst macht die Dosis einen großen Unterschied: Ein Smoothie mit vier verschiedenen Obstsorten lässt den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen.
Wer am Vormittag oder Nachmittag Lust auf einen süßen Snack hat, kann auch hier ganz einfach Proteine und Ballaststoffe integrieren, um Glukosegipfel zu vermeiden. Zum Beispiel könnten ein paar Nüsse und ein Löffel Joghurt zu einem Stück Schokolade den schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels verhindern. Beim Essen steht schließlich der Genuss im Vordergrund. Zu viele Sorgen bezüglich der Glukosespitzen sollte man sich nicht machen. Wer sich ausgewogen ernährt, kann ein paar Schwankungen im Blutzuckerspiegel durchaus vertragen.
Bewegung für einen stabilen Blutzuckerspiegel
Wie Studien belegen, hat auch der bekannte Verdauungsspaziergang seine Berechtigung. Schon kleine Bewegungseinheiten nach dem Essen können dabei helfen, die Blutzuckerkurve flacher zu halten. Durch den Einsatz der Muskulatur sinkt der Blutzuckerspiegel, da der Zucker in die Muskulatur transportiert und dort verbrannt wird. Bewegung nach dem Essen trägt also effektiv dazu bei, den Blutzuckerspiegel im Gleichgewicht zu halten.